Im heutigen digitalen Zeitalter gewinnt unser Online-Leben immer weiter an Bedeutung: Wir kommunizieren über E-Mails, Messenger und soziale Medien, speichern wichtige Dateien und Fotos in der Cloud, betreiben Online-Banking und hinterlassen unzählige Spuren im Internet. Doch was passiert eigentlich mit all diesen Daten und Accounts, wenn man eines Tages stirbt? Stichwort: digitaler Nachlass.
Das digitale Erbe ist ein Thema, das viele Menschen vernachlässigen oder verdrängen. Sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen ist aber wichtig, um sicherzustellen, dass Angehörige Ihre digitalen Spuren, Daten und Konten im Fall der Fälle angemessen handhaben. Der folgende Artikel klärt die häufigsten Fragen rund um den digitalen Nachlass und zeigt, wie Sie in 5 Schritten Ihren digitalen Nachlass verwalten können.
Was ist ein digitaler Nachlass?
Ein digitaler Nachlass besteht aus allen digitalen Aktivitäten, Daten und Konten einer Person. Dazu gehören Social-Media-Profile, E-Mail-Konten, Cloud-Speicher, Online-Shops, Online-Bankkonten, Streaming-Dienste und vieles mehr. Ein digitaler Nachlass kann persönliche Erinnerungen, wichtige Dokumente und wertvolle Daten (z. B. zu digitalen Wallets) enthalten.
Was passiert nach dem Tod eines Nutzers mit seinem digitalen Nachlass?
Die Vertragsbeziehungen zu Anbietern verschiedenster Online-Dienste laufen nach dem Tod weiter und gehen auf die Erben des verstorbenen Nutzers über. Deshalb gilt es, möglichst schnell alle laufenden Verträge und kostenpflichtigen Mitgliedschaften zu kündigen.
Grundsätzlich ist der Zugang zu Online-Konten eines Verstorbenen schwierig, denn die meisten Dienste haben strenge Richtlinien, was den Zugriff von Dritten betrifft. Wenn ein Nutzer stirbt, können die Angehörigen deshalb zunächst nicht auf die Accounts zugreifen. Damit die Betreiber der Dienste tätig werden, müssen Sie meist erst eine Sterbeurkunde oder einen Erbschein vorlegen. Und selbst dann ist es oft nur möglich, ein Konto löschen zu lassen – die Daten gehen verloren.
Wie ist die rechtliche Situation in Deutschland?
Aus rechtlicher Sicht ist die Lage in Deutschland nicht abschließend geklärt. In Präzedenzfällen haben Gerichte entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto grundsätzlich auf die Erben des ursprünglichen Kontoinhabers übergeht. Die Erben müssen Einsicht nehmen können, um z. B. offene Rechnungen begleichen oder kostenpflichtige Mitgliedschaften kündigen zu können. Dies begründet aber lediglich ein passives Leserecht, nicht jedoch ein Recht zur aktiven Weiterführung des Accounts.
Unklar ist auch, ob Erben auf Kommunikationsinhalte des Verstorbenen wie Chats und E-Mails zugreifen dürfen, wenn er seinen letzten Willen diesbezüglich nicht festgehalten hat. Einerseits verpflichtet das Erbrecht den Anbieter, E-Mails ähnlich wie ungeöffnete Briefe an die Erben herauszugeben. Andererseits kann die Herausgabe aber das Fernmeldegeheimnis und Datenschutzbestimmungen verletzen.
Wenn eine Person stirbt und keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen hat, können ihre Daten unzugänglich sein und verloren gehen. Einige Online-Dienste bieten mittlerweile Richtlinien und Einstellungen zur Kontolöschung im Todesfall an. Dies kann eine nützliche Option sein, um die Online-Präsenz eines Verstorbenen zu verwalten.
Beispiele: Google, Facebook und Apple
Google, Facebook und Apple bieten im Benutzerkonto bestimmte Einstellungen an, in denen ein digitaler Nachlass geregelt werden kann:
- Google hat dafür einen sogenannten Kontoinaktivität-Manager: Sie können zu Lebzeiten festlegen, wer bei Inaktivität Ihres Kontos benachrichtigt wird und Zugriff auf Ihr Konto erhalten soll. Ebenso können Sie bestimmen, dass Ihr Konto nach einer vorgegebenen Zeit automatisch und komplett gelöscht wird.
- Facebook gibt Ihnen die Möglichkeit, einen Nachlasskontakt in Ihren persönlichen Einstellungen zu bestimmen, der Ihr Profil im Todesfall verwalten darf. Außerdem können Sie festlegen, ob Ihr Profil nach dem Tod gelöscht oder in den Gedenkzustand versetzt wird.
- Nutzer von Apple-Geräten können Nachlasskontakte zur Apple-ID hinzufügen. Diese Personen können nach Ihrem Tod auf Ihre gespeicherten Fotos, Nachrichten, Notizen, Dateien etc. zugreifen, aber nicht auf Zahlungsdaten oder Passwörter.
Wie und warum Sie noch zu Lebzeiten vorsorgen sollten
In vielen Fällen wird ein digitaler Nachlass nicht rechtzeitig geregelt. Die Erben müssen dann im Nebel stochern und sich auf eine mühsame Spurensuche begeben: Welche Online-Konten hat der Verstorbene genutzt? Wie lauten die Benutzernamen und Passwörter? Ohne diese Daten haben die Angehörigen erstmal keinen Zugriff – sie benötigen ihn aber dringend, um beispielsweise laufende Abonnements zu kündigen.
Sorgen Sie daher mit einer Vollmacht vor, in der Sie klare Anweisungen für Ihre Vertrauensperson festhalten, wie Ihr digitaler Nachlass nach Ihrem Tod verwaltet werden soll. Halten Sie zudem eine aktuelle Liste mit Ihren Nutzerkonten und Zugangsdaten bereit. Dies spart Ihren Angehörigen viel Zeit und erleichtert es ihnen enorm, Zugriff auf Ihre Online-Konten zu erhalten.
Digitaler Nachlass: In 5 Schritten zur perfekten Verwaltung
1. Entscheiden Sie sich für ein Speichermedium
Theoretisch können Sie alle Ihre Konten und Passwörter auf Papier aufschreiben und mit Ihrer Vollmacht an einem sicheren Ort hinterlegen. Dies birgt allerdings den Nachteil, dass Ihre Liste schnell unübersichtlich wird und an Aktualität verliert. Immer wenn Sie ein Passwort ändern, einen Account löschen oder einen neuen Account erstellen, müssen Sie Ihre Liste schriftlich korrigieren oder komplett neu schreiben.
Nach dem gleichen Prinzip können Sie Ihre Konten und Passwörter auch elektronisch in einem Textdokument auf Ihrem Computer, einer Festplatte oder einem USB-Stick speichern. Dort können Sie leichter Änderungen vornehmen als auf Papier.
Mit einem digitalen Passwort-Manager können Sie Ihre Zugangsdaten übersichtlich und flexibel verwalten: Diese Tools ermöglichen es, Konten und Passwörter sicher zu speichern und sie im Todesfall an Vertrauenspersonen weiterzugeben. Daher ist dies eine der besten Möglichkeiten, Ihren digitalen Nachlass zu organisieren.
2. Eine Übersicht über Ihren digitalen Nachlass erstellen
Notieren Sie alle Online-Konten, die Sie haben, und die dazugehörigen Zugangsdaten. Dokumentieren Sie unbedingt, welche kostenpflichtigen Dienste Sie nutzen, damit Ihre Erben diese direkt kündigen können.
Ihr digitaler Nachlass kann jede Menge Daten enthalten. Je nach Anzahl Ihrer Accounts ist es sinnvoll, schrittweise vorzugehen und Ihre Liste in Kategorien einzuteilen. Zu den wichtigsten Online-Diensten zählen:
- E-Mail-Konten und Messenger (z. B. WhatsApp, Signal)
- Workspace-Konten (z. B. Google, Microsoft)
- Online-Banking und Bezahldienste (z. B. PayPal)
- Online-Shops und Marktplätze (z. B. Amazon, eBay)
- Soziale Netzwerke (z. B. Facebook, Instagram, LinkedIn)
- Cloud-Speicher (z. B. Dropbox, Seafile)
- Streaming und Entertainment (z. B. Netflix, Spotify, Disney+)
- Apps, Online-Spiele, Datingplattformen
- Digitale Abonnements (z. B. Zeitschriften, E-Paper)
- Sonstige Nutzerkonten (z. B. Foren, Adobe Creative Cloud)
3. Vertrauensperson bestimmen
Bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens zu Ihrem digitalen Nachlassverwalter. Legen Sie in einer Vollmacht fest, dass die bevollmächtigte Person sich um Ihr digitales Erbe und Ihre Online-Geschäfte kümmern soll – nach Ihrem Tod oder schon zu Ihren Lebzeiten, wenn Sie z. B. durch ein Koma, eine psychische Behinderung oder andere Gründe nicht dazu in der Lage sind.
Machen Sie es der bevollmächtigten Person so einfach wie möglich: Sie können vorab genau regeln, auf welche Online-Konten die Person im Fall der Fälle Zugriff erhalten soll. Formulieren Sie schriftlich Ihren Willen, was die Person mit welchem Konto machen soll.
4. Offene Kommunikation
Kommunizieren Sie offen, was mit Ihrem digitalen Nachlass geschehen soll. Geben Sie Ihrer Vertrauensperson beispielsweise Anweisungen, welche Dateien, Fotos und Videos sie in Ihren Cloud-Speichern und auf Ihren Geräten (z. B. Computer, Smartphone, Tablet) nach Ihrem Tod löschen, sichern oder an bestimmte Personen aushändigen soll.
Legen Sie Ihr Vermächtnis für Ihre Social-Media-Profile und Online-Konten fest: Soll Ihr Facebook-Profil in eine Gedenkseite umgewandelt oder gelöscht werden? Soll Ihre Vertrauensperson noch persönliche Daten aus Ihrem Konto bei Google, Dropbox oder WhatsApp sichern?
5. Zugang zur Account-Liste gewähren
Überlegen Sie, auf welche Weise Sie Ihrer Vertrauensperson Zugang zu Ihren Online-Konten geben möchten, damit diese nach Ihrem Tod in Ihrem Sinne handeln kann.
Wenn Sie die meisten Ihrer Login-Daten und Passwörter auf einem bestimmten Gerät (z. B. in einem Browser oder in einem Textdokument) gespeichert haben, sollte Ihre Vertrauensperson nach Ihrem Tod darauf zugreifen können. Notieren Sie die PIN Ihres Smartphones oder Ihr Computer-Kennwort zum Beispiel auf einem Zettel, den Sie in einem versiegelten Umschlag aufbewahren.
Sie können Ihre Passwörter jedoch auch auf Papier aufschreiben oder in einem digitalen Passwort-Manager erfassen. Denken Sie aber daran, geänderte Kennwörter stets auch dort zu aktualisieren! Schreiben Sie das Master-Passwort auf und hinterlegen Sie dieses an einem sicheren Ort, den Sie Ihrer Vertrauensperson mitteilen.
Mit welchen Tools ein digitaler Nachlass verwaltet werden kann
Eine der sichersten Lösungen, um Ihren digitalen Nachlass zu verwalten, ist ein Passwort-Manager. Wenn Sie Ihre persönlichen Daten im Internet möglichst zuverlässig schützen wollen, sollten Sie für jeden Dienst ein eigenes Passwort benutzen. Dieses sollte aus Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen bestehen und mindestens acht Zeichen lang sein.
Da sich fast niemand mehr als zehn verschiedene Passwörter merken kann, gibt es spezielle Datenbanken, die all diese Passwörter für Sie speichern und gegebenenfalls auch generieren können. Zwei beliebte Passwort-Manager sind beispielsweise KeePass und Bitwarden.
Eine andere Datenbank-Software, mit der Sie Ihren digitalen Nachlass übersichtlich, flexibel und sicher verwalten können, heißt SeaTable. Damit können Sie nicht nur alle Ihre Konten, Benutzernamen und Passwörter, sondern auch beliebig viele zusätzliche Informationen speichern.
Wenn Sie den Passwort-Manager von SeaTable für Ihren digitalen Nachlass nutzen möchten, können Sie sich die Vorlage hier ansehen. Bei Interesse registrieren Sie sich einfach kostenlos und erstellen eine Übersicht mit Ihren eigenen Daten.
Fazit: Ein digitaler Nachlass ist wichtiger denn je
Heutzutage hat jeder von uns dutzende Online-Accounts. Damit Ihre Angehörigen im Fall der Fälle auf Ihre Benutzerkonten zugreifen können, sollten Sie rechtzeitig vorsorgen. Deshalb ist ein digitaler Nachlass, in dem Sie all Ihre Zugangsdaten dokumentieren, wichtiger denn je.
Die Verwaltung Ihres digitalen Nachlasses erfordert sorgfältige Planung und Vorbereitung. Es ist wichtig, dass Sie im Voraus darüber nachdenken, was mit Ihrem digitalen Erbe passieren soll, wo Sie Ihre Passwörter speichern und welche Person Ihres Vertrauens Sie einweihen, um Ihren digitalen Nachlass im Einklang mit Ihren Wünschen zu verwalten. Eine aktuelle Liste mit all Ihren Accounts und Passwörtern kann nicht nur Ihre Angehörigen in der schwierigen Phase nach Ihrem Tod entlasten, sondern auch dazu beitragen, dass Sie noch zu Lebzeiten den Überblick über Ihre persönlichen Daten behalten.